Ayuda
Ir al contenido

Dialnet


Der Tagarzeitliche Grobkurgan von Barsucij Log in Chakassien: Ergebnisse der deutsch-russischen Ausgrabungen 2004-2006

  • Autores: Hermann Parzinger, A. Nagler, Andrej Gotlib
  • Localización: Eurasia antiqua: Zeitschrift für Archäologie Eurasiens, ISSN 0949-0434, Nº. 16, 2010, págs. 169-281
  • Idioma: alemán
  • Texto completo no disponible (Saber más ...)
  • Resumen
    • Zusammenfassung In den Jahren 2004-2006 wurde der ca. 50 km nordlich der chakassischen Hauptstadt Abakan gelegene GroBkurgan von Barsucij Log untersucht. Nach den von S. V. Kiselev geleiteten Grabungen im sogenannten GroBen Kurgan von Salbyk war dies erst die zweite wissenschaftliche Erfor.

      schung eines monumentalen Grabhügels der Tagar-Kultur im Minusinsker Becken. Der Kurgan wies eine umfassende Beraubung auf, so dass mit einem weitgehend vollstandig erhaltenen Grab nicht mehr zu rechnen war. Der besondere Fokus des Projekts lag jedoch auf einer Rekonstruktion der architektonischen Ausführung und auf der Suche nach Hinweisen ritueller Handlungen, also nach weiteren wichtigen Aspekten, die uns diese Anlagen besser verstehen lassen. Die Arbeiten lieferten dabei zum ersten Mal detaillierte Einblicke in den Aufbau einer solchen Grabanlage der obersten Führungsschicht der Tagar-Kultur und konnten damit eine wichtige Lücke im Kenntnisstand zur Vorgeschichte dieser Region schlieBen.

      Der Kurgan von Barsucij Log war bei Beginn der Grabungen no eh 9 m hoch, besaB eine Aufschüttung von ursprünglich pyramidaler Form sowie eine annahernd quadratische Steineinfassung aus horizontal verlegten Platten und vertikal aufgesteltten Stelen, die vereinzelt auch anthropo- oder zoomorphe und andere Darstellungen aufwiesen;

      die Seitenlange dieser Basis betrug etwa 73-77 m.

      Die Entwicklung der Anlage verlief dabei in mehreren Etappen_ Phase 1 ist mit der Errichtung der Steinumfassung des spateren Kurganareals verbunden. In dieser Zeit dürfte man bereits auch die Grube von Grab 1 ausgehoben haben.

      AII dies dürfte im ausgehenden 5. )h. V. Chr. gesche· hen sein, also in einem frühen Abschnitt der Saragas-Stufe der Tagar-Kultur. Die Steineinfassung wurde jedoch nicht in einem Zuge gebaut, sondem es lieBen sich verschiedene Etappen unterscheiden. Zunachst hatte man vertikale Stelen aufgestellt, die die Grundflache des spateren Kur· gans absteckten (Phase la). AnschlieBend wurden die Bereiche zwischen den Stelen mit maehtigen Steinplatten zugesetzt (Phase lb). In einem dritten Sehritt hatte man unmittelbar hinter den Stelen und Platten eine auf allen vier Seiten umlaufende Trockenmauer aus Steinplatten aufgeschichtet. deren Hohe die groBen, senkreeht eingelassenen AuBenplatten deutlich übertraf. Wahrend dieser Zeit war der an der Ostseite des Kurgans in den AuBenbereich vorgezogene Eingang noch offen (Phase le). Zuletzt wurden stellenweise wallartige Anschüttungen aus aufgeschichteten Steinplatten von der Innenseite her gegen diese Trockenmauern gesetzt (Phase ld), die die Ecken der gesamten Steineinfassung stabilisieren soUten. In dieser letzten Phase 1d dürfte dann auch der Eingang im Osten verschlossen worden sein.

      Wahrend Phase lc war die Kurganflache eine gewisse Zeit offen, hochstwahrseheinlich ist dies auch die Zeít, in der die Kammer von Grab 1 errichtet und in ihr über einen gewissen Zeitraum hinweg bestattet wurde. Auch in der Entwieklung von Grab 1 konnten mehrere Etappen unterschieden werden. Es begann mit einer holzernen Grabkammer aus machtigen Larchenbalken, die in die Grube eingebaut worden war (Phase lc1). Sie konnte durch einen Dromos, der aus ahnlieh starken Balken sorgfaltig zusammengesetzt war, von Westen her begangen werden, und wahrscheinlich wurden immer wieder Verstorbene in der Kammer beigesetzt, denn es handelte sich um eine Kollektivbestattung mit mindestens vier Leichnamen, wobei die Gesamtzahl der dort Beerdigten unbekannt bleibt (Phase l(2). Der Bau der Grabkammer erfolgte sehr sorgo ffiltig und mit enormem Aufwand. Die gesamte Holzkon· struktion wurde mit erheblichen Mengen von Birkenrinde isoliert. Nachdem der letzte Verstorbene in die Kammer eingebracht worden war, verschloss man den Zugang im Westen (Phase 1e3). AnschlieBend schichtete man darüber einen Scheiterhaufen auf, zündete ihn an und verbrannte die zuvor noch so sorgraltig erbaute Grabkonstrukion, die daraufhin in die Grube stürzte (Phase lc4). Die Art der Brandspuren zeigte, dass das Feuer intensiv war und hohe Temperaturen erreicht haben muss. AnsehlieBend wurde das Feuer offenbar mit Lehm geloscht, den man auf das brennende Holz in die Grube warf (Phase leS). Offenbar handelte es sich hier also um eine bewusste Zerstorung des Grabbaus, die von den Erbauern des Kurgans vorgenommen wurde. Dies kann nur aus rituellen Gründen geschehen sein, die Verbrennung der Grabkammer muss Teil des Totenrituals der Oberschicht gewesen sein.

      Phase 2 begann damit, das s man die gesamte Innenflache des Kurgans mit Rasensoden und rotlichgelben Lehmblocken ausgelegt hatte, wodurch eine Plattform entstanden war (Phase 2a). Zeitgleich damit oder im unmittelbaren Anschluss daran hatte man die beiden Aushübe nordlich und südlich der Grabgrube wallartig überhoht (Phase 2bl), den Zwischenraum mit weiteren Rasensoden verschlossen und dadurch einen hügel- oder plattformar· tigen Kernbau in der Westhiilfte des Kurgans über Grab 1 erriehtet (Phase 2b2). Danach war es zu weiteren Installationen auf der Plattform gekommen (Phase 2e), wozu diverse Holzbefunde im Norden sowie Steinsetzungen im Südosten und Osten gehorten. AnschlieBend hatte man die Pyramide aus Rasensoden aufgebaut (Phase 3a) und verkleídete die AuBenflachen mit rotlichgelben Lehmblocken (Phase 3b). wodureh die Anlage als vermutlieh ca.

      11-12 m hohe und weithin rotlich leuchtende Pyramíde seine endgültige Form erhalten hatte. Damit war die tagarzeitliche Geschíehte dieses GroBkurgans abgeschlossen.

      Phase 4 reprasentiert schlieBlich die nachtagarzeitliehe Ge· schichte dieses Denkmals, deren Befunde nicht weníger aussagekraftíg waren, auch ím Rüekschluss auf die TagarZeit.

      Wahrend der frühen Tes'-Kultur im 2.-1. Jh. V. Chr.

      war es zu einer massiven Beraubung gekommen, in deren Zuge der südwestliche Teil des Kurgans weitgehend zerstOrt und Grab 1 vollstandig ausgeplündert, ja regelrecht verwüstet worden war.

      Das Spannungsfeld zwisehen dem Aufwand einer Gemeinschaft und den Zwangen eines vorgeschriebenen Rituals wird in Barsucij Log in besonderer Weise sichtbar.

      So hatte man die Grabkammer ausgesprochen sorgfaltig und aufwandig gebaut, sie sogar mit Birkenrinde gegen Feuchtigkeit isoliert, obwohl man wusste, dass sie anschlieBend verbrannt werden würde. Dieser Gegensatz mag auf den ersten Blick widersinnig erscheinen, er macht aber auch einerseits die Kraft eines Rituals augenfaUig und verdeutlicht andererseits, welch gewaltige Anstrengungen unternommen wurden, damit Angehorige der obersten Führungselite Rang, Prestige und Herrsehaftsanspruch auch über den Tod hinaus manifestieren konnten.

      Nicht minder bemerkenswert ist das, was der Anlage von Barsucij Log in der folgenden Tes'·Zeit widerfuhr.

      Das Grab wurde nicht nur beraubt, sondern regelrecht vernichtet:

      Man hatte den Boden herausgerissen und die Skeletteile verworfen, um anschlieBend einen Hundekopf in dem Grab zu deponieren. Es gilt als geradezu eharakteristisch für die Trager der Tes'·Kultur, dass sie in ausgeraubten Tagar-Grabern ganze Hunde oder Hundekopfe niederlegten. Über die tatsachliche Bedeutung dieser Sitte (Entweihung der Grabstatte?) lasst sich nur spekulieren. In der Steppe von Barsucij Log und Salbyk waren ohne Zwei· fel die diese Region wiihrend der Tagar-Zeit beherrsehenden Eliten bestattet, weil sich nirgendwo sonst am mittleren Enisej eine solche Konzentration monumentaler Kurgane findet. Sicher waren diese Grabbauten auch Orte der Ahnenverehrung.

      Sollte die bewusste Zerstorung und Ent· weihung dieser Denkmaler dem vielleieht ein wirkungsvol· les Ende setzen? Es ware nicht das erste Mal, dass neue Herrscher das Gedachtnis an ihnen vorangegangene Dynastien im Sinne einer damnatio memoriae gewaltsam auszuloschen versuchten, um dadurch ihren eigenen Machtansprueh zu manifestieren. Derartige Handlungen schadigten also weniger die Toten als vielmehr die Lebenden, weil sie Erinnerungen und Legitimitatstraditionen zerstorten. Wenn dem aber so war, so bedeutet dies im Umkehrschluss, dass diesen Kurganen dann auch wirklich traditionsbilden· de Kraft zugekommen sein muss.

      Die Merkmale und Besonderheiten reiternomadischer Elitengraber der Skythenzeit aus der eurasischen Steppe sind also auBerordentlich vielfaltig. Totenritual und Totenkult kamen zentrale Bedeutung zu, durch die Macht der Toten konnte sich Kultur verewigen. Und die Ergebnisse der Ausgrabungen im GroBkurgan von Barsucij Log konn· ten dies nun auch für die Tagar-Kultur am mittleren Enisej auf eindrucksvolle Weise bestatigen.


Fundación Dialnet

Dialnet Plus

  • Más información sobre Dialnet Plus

Opciones de compartir

Opciones de entorno