Anhand der Erfahrungen aus mehr als elfjähriger Anwendungspraxis eines gerichtlichen Verbandsstrafrechts in Österreich setzt sich der Beitrag mit den „Frankfurter Thesen“ zu materieller „Folgenverantwortung“ und prozessualer Ausgestaltung einer Unternehmensverantwortlichkeit auseinander. Die Autoren argumentieren, warum im Organisationsversagen der Kern der Verantwortungsbegründung liegt und stellen klar, dass das österreichische Verbandsverantwortlichkeitsgesetz auch als Ausprägung eines solchen Organisationsmodells verstanden werden kann. Dabei gehen sie nicht nur auf das materielle, sondern auch auf das praktisch bedeutsame prozessuale Verhältnis des Miteinander von Verbands- und Individualstrafverfahren ein. Außerdem erörtern die Verfasser die zentrale Rolle der Gewährleistung bzw. Errichtung effektiver Compliancestrukturen schon bei der Frage einer Verfahrenseinleitung gegen einen Verband, aber auch im weiteren Verfahrensverlauf bei der Frage (diversioneller) Einstellung, Strafzumessung, der Entscheidung über Vollstreckung oder (Teil-)Aussetzung bis hin zur Strafmilderung. Sie diskutieren die Gewährleistung der Beschuldigtenrechte eines Verbandes als unverzichtbaren Bestandteil eines fairen Verfahrens und zeigen Auswirkungen des Verbandsverfahrens für jenes gegen die individualbeschuldigten Anlasstäter auf.
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