Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten, das Interesse der Europäischen Union an einer vollständigen Umsatzsteuererhebung mit abschreckenden Sanktionsandrohungen effektiv zu schützen. Darüber hinaus untersagt es ihnen, die Umsatzsteuerhinterziehung weniger streng als die Hinterziehung von Steuerarten strafrechtlich zu verfolgen, bei denen der jeweilige Mitgliedstaat die alleinige Ertragshoheit hat. Vor diesem Hintergrund problematisiert der Verfasser die Regeln über die strafbefreiende Selbstanzeige, die spezifischen Bezug zur Umsatzsteuerhinterziehung haben. Dabei nimmt er zunächst § 371 Abs. 2a AO in den Blick, der dem Steuerhinterzieher im Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren Strafaufhebungen unter deutlich erleichterten Bedingungen einräumt. Bezogen auf das One-Stop-Shop-Verfahren für innergemeinschaftliche Fernverkäufe, in dem ein Unternehmer in einer einzigen Steuererklärung an das BZSt die jeweilige „nationale“ Umsatzsteuer mehrerer Mitgliedstaaten verkürzen kann, wird untersucht, ob das deutsche Steuerstrafrecht noch hinreichend streng ist, wenn es – wie bislang von der h.M. vertreten – Strafaufhebungen nach mitgliedstaatenbezogenen Teilselbstanzeigen zulässt. Schließlich werden die Besonderheiten der zuschlagspflichtigen Selbstanzeige nach §§ 371, 398a AO bei Umsatzsteuerkarussellen einer kritischen Prüfung unterzogen. Insofern sieht der Verfasser angesichts der Tatsache, dass der verursachte Steuerschaden nicht vollständig ausgeglichen werden müsse, die Regelungen nicht mit der Missbrauchsrechtsprechung des EuGH als vereinbar an.
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